Eine Radrundreise mit Kind

Nachdem wir im Jahr 2015 unsere Radreise durch die Toskana gemacht und Blut geleckt hatten, wollten wir das nun mit Kind endlich auch mal ausprobieren. Wie und ob das in den Niederlanden gut funktioniert hat, erfahrt Ihr hier.

Aufgrund der Fülle des Gepäcks (Kind im Anhänger) kam für uns erst einmal nur ein Ziel infrage, was man direkt mit dem Zug von Hannover aus erreichen konnte. Also entschieden wir uns für den Start in Amsterdam. Wir wollten uns in einer Woche so viel wie möglich in den Niederlanden anschauen. Die Rückfahrt sollte dann von Amersfoort starten.

Am Ende hatten wir eine tolle Strecke geplant, die in 7 Touren mit insgesamt 225 km Länge doch recht sportlich und sehr interessant war. Die Einheimischen, mit denen wir unterwegs in Kontakt kamen, waren ebenfalls begeistert von dieser Route und ebenso, dass wir mit „normalen“ Rädern unterwegs waren. E-Bikes hätten die Sache mit dem Gegenwind (die letzten 90 km) natürlich stark vereinfacht. Das Radwegnetz in den Niederlanden ist sehr gut ausgebaut und leicht zu verstehen. Auf der Seite https://www.hollandfahrradland.de/online-radroutenplaner kann man sich die Routen perfekt zusammenstellen und anzeigen lassen, wo es Zugbrücken und Fähren gibt.

Wir waren vom 15.04. bis 22.04.2022 unterwegs, sodass wir auch die Tulpenblüte miterleben konnten.

Unsere 7 Touren waren die Folgenden:

  1. Tour: Amsterdam → nach Marken (Insel)
  2. Tour: Marken → über Zaandam nach Haarlem
  3. Tour: Haarlem → durch den Bollenstreek nach Nordwijkerhout
  4. Tour: Nordwijkerhout → über den Atlantikwall und Den Haag nach Delft
  5. Tour: Delft → nach Gouda
  6. Tour: Gouda → nach Utrecht
  7. Tour: Utrecht → nach Amersfoort

Jede einzelne Tour hatte ihre Highlights und es waren nicht nur die Städte, die uns in ihren Bann gezogen haben. Glücklicherweise hatten wir grandioses Wetter und mit 18 °C und ganz viel Sonnenschein machte das Radfahren und Sightseeing mega Spaß!

Aber zurück zum Start: In Hannover am Hauptbahnhof hatten wir mit zwei bepackten Fahrrädern, Fahrradanhänger und Kleinkind genau zwei Minuten Zeit, um in den Zug zu steigen. Dank der Hilfe der Mitfahrenden, schafften wir es alle rechtzeitig in den Zug (am Ende ging es uns in Amersfoort beim Einstieg genauso). Die Fahrt war dann sehr entspannt und 4 Stunden später konnten wir ganz in Ruhe am Endbahnhof Amsterdam aussteigen.

Für uns war Amsterdam nicht neu, aber unser Kind fand es super spannend, die ganzen Grachten mit den vielen Booten anzuschauen. Den Anreisetag nutzten wir also, um in der Stadt zu bummeln. Am nächsten Morgen fand direkt vor unserem Hotel ein Wochenmarkt statt – dort aßen wir die landestypischen Poffertjes und deckten uns mit diversen Leckereien ein.

Dann ging es endlich los. Nächster Halt war allerdings bereits nach knapp drei Kilometern der erste Spielplatz – schließlich sollte das Kind ja auch auf seine Kosten kommen. Und eins muss wirklich gesagt werden: die Niederlande sind ein wahnsinnig kinderliebes Volk! Es gibt unglaublich viele und vor allem große Spielplätze. Und auch in den älteren Städten wie z.B. Delft, fanden wir gefühlt alle 500m einen (kleinen) Spielplatz.

Die erste Tour war geprägt von weiten Feldern und natürlich viel Wasser, da wir am Markermeer entlang fuhren. Wir sahen und hörten neben den obligatorischen Schafen und Kühen auch viele Reiher und Fasane. Kurz vor der Überfahrt auf dem Damm nach Marken aßen wir am Yachthafen vom Resort EuroParcs Poort lecker zu Mittag – natürlich gab es auch dort einen großen Abenteuerspielplatz.

Marken hat uns dann richtig verzaubert. Der Ort wird zwar tagsüber von vielen Reisebussen ab Amsterdam angesteuert, aber wenn diese am Nachmittag wieder weg sind, bleibt ein verschlafenes Dörfchen mit süßen Häusern, einem Muschelstrand und einem Leuchtturm. Wir wohnten hier im B&B De Peepersteg und hatten Frühstück im Bistro „De Verkeerde Wereld“ inklusive.

Am nächsten Morgen ging es bei strahlendem Sonnenschein zurück über den Damm, an Kanälen vorbei, auf denen reihenweise die Hausboote vor Anker lagen. Wir mussten an diesem Tag zweimal mit der Fähre übersetzen – einmal für 0,25 € pro Person und einmal umsonst mit einer großen Autofähre.

In Landsmeer erwartete uns dann eine große Windmühle mitten am Wegesrand. Ganz in der Nähe machten wir mittags einen Stopp in Zaandam am Inntel-Hotel. Dies ist an sich schon ein Highlight, da es wie eine Stadt in der Stadt aufgebaut ist – ein absoluter Sightseing-Tipp.

Tagesziel war an diesem Tag Haarlem, welches gerne als „Vorort“ von Amsterdam bezeichnet wird. Ein Ruf, der ihm nicht gerecht wird. Denn diese Stadt hat so viel Charme. Ein altes Stadttor, wunderschöne Gebäude in der Altstadt und natürlich jede Menge Wasser. Während unseres Aufenthaltes dort war gerade Kirmes – es wurde überall gesungen und getanzt und zur Freude des Kindes waren einige Buden und Fahrgeschäfte aufgebaut.

Das größte Highlight der Reise war dann am nächsten Tag die Tour durch den sogenannten „Bollenstreek“. Die wohl bekannteste Tulpenregion des Landes. In manchen Städten roch es nach Hyazinthen und die Einwohner präsentierten vor den Häusern ihre eigens für diese Saison angelegten Blumenbilder und -beete.

Auf und an den Feldern tummelten sich die Menschen (teilweise nicht ganz legal), um die bunten Tulpen zu bestaunen. Am Keukenhof war so viel los, dass wir uns den Eintritt dort mit Kleinkind sparten. Wir hatten auch so genug zum Schauen.

Endstation war heute der kleine Ort Nordwijkerhout, welcher direkt hinter den Dünen am Meer lag. Von unserem Hostel (ja, nur ein Hostel, aber mega gut gelegen), ging es in einem 2 km-Marsch durch die Dünenlandschaft. Die Wege bestanden aus lauter kleinen Muscheln, was alleine schon ein Highlight war. Gott sei Dank hatten wir uns entschieden, trotz des zusätzlichen, nicht unerheblichen Gewichts, das Laufrad fürs Kind mitzunehmen. Im gesamten Urlaub und vor allem hier die richtige Entscheidung.

Wir verbrachten den Nachmittag am Meer – der Sand und Strand war hier wirklich wunderbar. Abends genossen wir Erwachsenen dann Bierchen und Weinchen im nahegelegenen Restaurant, während das Kind sich nebenbei noch im restauranteigenen Indoorspielplatz vergnügte (JA, ein Indoorspielplatz im Restaurant – der Traum jeder Eltern!).

Die vierte Tour hatte es in sich, war aber landschaftlich wieder einmal atemberaubend. Es ging durch die teilweise 3 km breiten Dünen am Atlantikwall erst einmal bis nach Den Haag. Im 2. Weltkrieg hatten die Deutschen hier tausende Kilometer weit entlang des Meeres ihre Bunker gebaut – von denen inzwischen einige zur Besichtigung offen stehen – und den heutigen Radweg ursprünglich als Kontroll- und Versorgungsweg angelegt. In dieser Dünenlandschaft gibt es ganze Seen und Wälder und es leben dort sogar Hochlandrinder. Hier wurde unsere Kondition ganz schön gefordert und Abfahrten mit 30km/h waren keine Seltenheit. Von wegen in den Niederlanden ist alles flach! Die Küstenstädtchen unterwegs erinnerten uns so ein bisschen an Rosamunde-Pilcher-Romane. Auch hier hielten wir zwischendurch für eine Pause an einem menschenleeren großen Abenteuerspielplatz an.

Um die Mittagszeit besuchten wir dann den Friedenspalast und genossen das liebliche Glockenspiel. Selbst beim Essen ein paar Straßen weiter konnte man dieses noch ganz klar hören.

Und dann kamen wir nach Delft – und ich war schockverliebt!

Diese Stadt, dieses Gefühl dort, die Kanäle.. Ach ich könnte stundenlang schwärmen. Mein absoluter Tipp für einen Städtetrip in die Niederlande. Unsere Fahrräder konnten wir hier über Nacht kostenlos in ein bewachtes Fahrradparkhaus stellen. Unser Hotel (Hotel de Koophandel) war super zentral gelegen und das Frühstück hier war richtig toll.

Auf dem Weg von Delft nach Gouda – dem nächsten Etappenziel – hatten wir das erste Mal Gegenwind. Und das ist echt schlimmer als bergauf fahren. Zumal wir die kürzeste Route entlang der Autobahn genommen haben, um schnell ans Ziel zu kommen. Die Vororte um Gouda herum waren malerisch. Nahezu jedes Haus hat hier seine eigene Zugbrücke über den Kanal. Total idyllisch. Gouda selbst hat uns nicht ganz so gut gefallen – zumindest die Stadt um die Altstadt herum. Natürlich ist das wunderschöne Rathaus auf dem Hauptplatz der Altstadt ein Hingucker. Zwar ist in Gouda der Käse ein großes Thema, aber wir lernten hier noch eine andere Spezialität kennen – die Stroopwafels. Mein Gott, wie konnten wir jemals ohne dieses Gebäck leben?! In Gouda ist die älteste Stroopwafelfabrik angesiedelt – Kamphuisen. Einen Besuch dort kann ich wärmstens empfehlen. Man kann sich die Stroopwafels auch nach Hause bestellen. Aber Achtung – Suchtgefahr!

Die vorletzte Strecke führte uns wieder an endlosen Wasserstraßen entlang durch verschlafene Örtchen, die recht interessante Namen hatten (Oudewater, Snelrewaard, Montfort). Wir sahen sogar zu, wie ein kleiner Kran tote Kühe abtransportierte. Das reinste Landleben eben. Kurz vor dem Tagesziel – Utrecht – besuchten wir den Maximapark. Für jeden Reisenden mit Kind eine absolute Empfehlung! Dort gibt es einen unglaublichen Spielplatz und nebenan ein Restaurant mit Seeblick. Es bleibt noch zu erwähnen, dass die meisten Spielplätze in den Niederlanden eingezäunt sind (zumindest was wir so gesehen haben) und es oft nur einen Ein-/Ausgang gibt. Wie gesagt, es ist alles sehr kinder- (und eltern-) freundlich.

Da unsere Unterkunft mitten in der Altstadt lag, konnten wir fußläufig alles schnell erreichen. Die Besonderheit in Utrecht ist, dass man hier an den Kanälen direkt am Wasser sitzen kann. Wir gönnten uns – zur Freude des Kindes – eine Bootsrundfahrt und genossen es, zur Abwechslung mal gefahren zu werden. Architektonisch ist die Stadt wunderschön. Außerdem schauten wir uns das Projekt „De Letters van Utrecht“ (www.delettersvanutrecht.nl/) an und bestaunten zumindest eine der Lichtinstallationen des “Trajectum Lumen“ (https://www.tripadvisor.de/Attraction_Review-g188616-d4602973-Reviews-Trajectum_Lumen-Utrecht.html), da wir mit Kind nicht bis zur Dunkelheit wach bleiben konnten.

Mit unglaublich vielen tollen neuen Eindrücken fielen wir an diesem Tag ziemlich erschöpft aber glücklich ins Bett, um am nächsten Tag die verbliebenen 22 km zum Bahnhof nach Amersfoort zurückzulegen.

Würden wir die Tour nochmal so machen? DEFINITIV! (nur mit mehr Zeit, um die einzelnen Orte mehr genießen zu können)

Habt Ihr auch bereits eine solche Tour gemacht, habt es vor oder braucht Ihr Infos und Hilfe bei der Planung, dann schreibt uns doch gerne!